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Wetter als Waffe II

Nachdem sich der erste Teil mit der Historie von Wettermodifikation, militärischen Anwendungsbereichen und Grundlagen von Geoengineering befasste, geht der vorliegende Text der Frage nach, welches Ausmaß diese Umtriebe im Jahr 2025 angenommen haben und ob derartige Projekte für die »weißen Streifen« am Himmel verantwortlich sind. »Besprüht« man uns mit Chemikalien, um die Erde vor Sonnenlicht zu »schützen«?





Tom-Oliver Regenauer | 24.05.2025


Einleitung

 

Wer meinen vor gut zwei Jahren, am 26. Februar 2023 veröffentlichten Text »Wetter als Waffe«, der sich mit der Historie von Wettermodifikation und Geoegineering befasste, gelesen hat, ist sich bewusst, dass wir es diesbezüglich weder mit einem Hirngespinst noch mit einem neuen Phänomen zu tun haben. Im Gegenteil. Das erste Patent in Sachen Wettermodifikation wurde bereits 1891 angemeldet. Und von »Wetter als Waffe« sprach Howard Thomas Orville, seines Zeichens Captain bei der US-Navy und nach Berufung durch Präsident Eisenhower Vorsitzender des »Advisory Committee on Weather Control«, bereits in seinem gleichnamigen Essay aus dem Jahr 1958. Auch das seit 1946 aktive Air War College nennt »Wettermodifikation« in einem Dokument vom April 1993 »die ultimative Waffe«. Militärisch stand das Thema also seit jeher hoch im Kurs.

 

Von der Bevölkerung werden solch kontroverse Methoden aber in der Regel nicht gutgeheißen. Muss sie doch ständig damit rechnen, die Kollateralschäden entsprechender Projekte zu tragen. Dementsprechend veränderte sich die Kommunikationsstrategie. Wo der militärische Sektor früher von Wetter als Waffe sprach, faselt der zivile heute von Klimawandel. Vom Schutz vor globaler Erwärmung. Das Militär hält sich zurück. So sprach auch der ehemalige CIA-Direktor John O. Brennan im Jahr 2016 vor dem Council on Foreign Relations (CFR) von »Geoengineering« und »Stratospheric Aerosol Injection« (SAI) nur noch als präferierte Methode, um die Erdoberfläche vor ansteigenden Temperaturen, vor »Global Boiling«, wie UN-Chef António Guterres es melodramatisch nennt, zu bewahren.

 

Ob für militärische Zwecke oder zivile Projekte – Fakt ist: Geoingenieure wollen sich die meteorologischen Prozesse Untertan machen. Seit gut 130 Jahren. So finanzierte die Robert Bosch Stiftung im Jahr 2015 eine Studie mit dem Titel »The Governance of Geoengineering 2025+« – während das US Air War College sein 53 Seiten umfassendes Strategiepapier vom 1. August 1996 mit der als Imperativ zu deutenden Zeile »Owning the Weather 2025« überschrieb. In Anbetracht dieser auf das laufende Jahr bezogenen Elaborate scheint es also angezeigt, noch einmal zu untersuchen, ob, wie und von wem Wetter und Erdatmosphäre anno 2025 in Beschlag genommen, sprich, manipuliert werden.

 

Vorauszuschicken sind dieser Untersuchung zwei Begriffsdefinitionen. Denn allzu häufig scheitert eine realistische Einordnung der Situation schon an der verwendeten Terminologie.

 

Wettermodifikation

 

Dabei handelt es sich um lokal oder regional begrenzte Eingriffe in das Wettergeschehen, in der Regel durch Cloud Seeding. Wolkenimpfen. Dazu werden Stoffe wie Silberiodid durch in geringer Flughöhe operierende Flugzeuge oder Raketen ausgebracht, um die Wolkenbildung zu beeinflussen, Niederschlagsmengen zu steuern und Hagelschlag vorzubeugen. Dass Wettermodifikation weltweit stattfindet, ist unstrittig. Siehe Artikel der SZ vom 17. Mai 2010, der über »1104 Raketen für gutes Wetter« im Rahmen der Olympischen Spiele in Peking berichtet. Oder ein Beitrag des Tagesspiegel vom 15. Februar 2010, der erläutert, wie »Jagdflieger künftig den Moskauer Winterdienst entlasten« sollen. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Deutschland und die USA blicken auf eine lange Geschichte der Wettermodifikation zurück.

 

Daneben verteilen Organisationen wie beispielsweise die Aerial Spray Mission (ASM) der US Air Force mit ihren EMASS-Systemen Pestizide, Herbizide und Ölbindemittel aus der Luft. Die mit Tanks, Rohrleitungen und Auslassöffnungen versehenen Flugzeuge der ASM dürften jedem bekannt sein, der schon einmal im Internet nach Bildern zum Thema »Chemtrails« gesucht hat – denn praktisch jedes zu dieser Suchanfrage auffindbare Foto eines modifizierten Flugzeugs zeigt eine ASM-Maschine. Die ASM-Flieger sind bei ihren Einsätzen mit dem AG-GPS (Agricultural Global Positioning System) verbunden, das modernen Traktoren autonomes Fahren ermöglicht, aber eben auch territorial begrenztes Versprühen von Pestiziden in niedriger Flughöhe erlaubt. Während es bei der ASM um zivile Einsatzbereiche geht, nutzten vor allem die Vereinigten Staaten Wettermanipulationstechniken auch im Rahmen militärischer Forschung und Konflikte. Siehe Operation Argus (1958), Operation Popeye in Vietnam, Project Mongoose in Kuba oder das HAARP-Projekt von US Navy/US Air Force. Doch nicht nur der Westen interessierte sich für Wetter als Waffe. So warnten US-Wissenschaftler zu Zeiten des Kalten Krieges auch davor, dass »die Sowjetunion bald die Thermometer dieser Welt kontrollieren werde«, wenn der Westen sie nicht daran hindere.

 

Wettermodifikation ist demnach weder etwas Neues noch ein regionales Phänomen. Es ist eine alteingesessene Industrie. Und die hatte nach Berechnungen von Fortune 2023 ein weltweites Marktvolumen von 375,6 Millionen US-Dollar. Tendenz steigend. Denn im Jahr 2024 lag es bereits bei 406,4 Millionen – und für 2032 wird ein Marktvolumen von 684,2 Millionen US-Dollar prognostiziert. Das ist verheerend. Denn auch eine regional begrenzte Ausbringung von Silberiodid, Pestiziden oder Herbiziden bedeutet nichts anderes, als dass man uns und unsere Umwelt mit Schadstoffen bombardiert. Daher bezeichnet Telepolis entsprechende Methoden am 12. Mai 2025 zurecht als »Die giftige Kunst der Regenmacher«.

 

Geoengineering

 

Silberiodid-Raketen, Cloud Seeding und das Versprühen von Pestiziden in niedriger Flughöhe erzeugen allerdings keine persistenten Streifen am Himmel – und sind aufgrund ihres lokal begrenzten Einsatzbereiches nicht als Geoegineering zu klassifizieren. Denn darunter versteht man die weiträumige, überregionale oder gar globale, langfristige Manipulation der Erdatmosphäre. Alternativbezeichnung: Terraforming. Diesbezüglich spricht man von Prozessen wie Solar Radiation Management (SRM), Stratospheric Aerosol Injection (SAI) und Carbon Dioxide Removal (CDR) – also von der Reduktion direkter Sonneneinstrahlung, dem Ausbringen dazu benötigter Stoffe oder Partikel in der Stratosphäre und dem Entfernen, beziehungsweise dauerhaften Binden von Kohlenstoffdioxid durch maschinelle Luftfilterung und CO2-Einlagerung. Obwohl selbst Wissenschaftler der ETH Zürich im Oktober 2024 einräumten, dass »Geoengineering das Problem des Klimawandels nicht lösen wird«, finanzieren diverse Staaten und Organisationen weiterhin eine Unzahl derartiger Projekte – unter frappierender Missachtung gesundheitlicher Risiken für die Bevölkerung.

 

Hervorzuheben ist in diesem Kontext, dass stratosphärische Aerosolinjektion (SAI) nur einer von vielen Prozessen ist, mit dem sich die Intensität der Sonneneinstrahlung steuern lässt (SRM) – und, dass das Verteilen der für SAI relevanten Stoffe mittels modifiziertem Flugzeug vom Boden aus nicht wahrzunehmen wäre. Denn der für die Bildung von Cirrus-Wolken und den daraufhin milchig erscheinenden Himmel verantwortliche Linienflugverkehr bewegt sich in der Troposphäre, die sich vom Boden bis in circa 15 Kilometer Höhe erstreckt und 90 Prozent der Luft sowie nahezu den gesamten Wasserdampf der Erdatmosphäre beinhaltet. Die Stratosphäre befindet sich über dem regulären Wettergeschehen. Demzufolge ist klar, dass stratosphärische Aerosolinjektion nicht den Zweck hat, Wolkenbildung zu fördern. SAI soll die Sonneneinstrahlung durch das Weißen des Himmels über Wettergeschehen und Flugverkehr reduzieren.

 

Green Economy & Geoegineering

 

Damit sind die Begriffe Wettermodifikation und Geoengineering grob definiert und gegeneinander abgegrenzt. Nun gilt es zu untersuchen, was in puncto Geoegineering eigentlich passiert. Finden SRM, SAI und CDR statt? Wenn ja, in welchen Projekten und in welchem Umfang? Sind diese Projekte für die Streifen am Himmel, beziehungsweise die daraus entstehenden Cirrus-Wolken verantwortlich? Gibt es »Global Dimming«? Und »besprüht« man uns aus der Luft mit Chemikalien?

 

Vorneweg: Es existiert eine schier unüberschaubare Anzahl von Geoengineering-Projekten. Siehe World Climate Reserach Programme (WCRP) von WMO, ISC und UNESCO – oder die Abbildungen im Anhang des vorliegenden Textes. Praktisch jede der Global Governance dienstbar ergebene Organisation oder Institution ist irgendwie auf diesem Feld aktiv. Zudem gewinnt das Thema kontinuierlich an Öffentlichkeit. So häufen sich seit einiger Zeit Medienberichte, die SRM in einem positiven Licht darstellen wollen, während Robert F. Kennedy Zuschauerfragen bezüglich omnipräsenter Streifen am Himmel am 29. April 2025 mit der Aussage kommentiert, diesen »vermutlich von der DARPA koordinierten« und »hauptsächlich über Jetfuel« stattfindenden Frevel energisch bekämpfen zu wollen. Was daraus wird, bleibt abzuwarten. Geoengineering ist mittlerweile aber fraglos ein medial präsentes Thema.

 

Denn die »Green Economy« ist eine Milliarden-Industrie. Im ersten Quartal 2024 erreichte sie eine Marktkapitalisierung von 7,2 Billionen US-Dollar. Das Format des vorliegenden Textes gestattet demnach nur einen selektiven Überblick zu entsprechenden Projekten. Dieser sollte jedoch genügen, um Natur und Wirkungsgrad derselben einordnen zu können. Es besteht nämlich eine beträchtliche Diskrepanz zwischen dem medialen Impakt klimabewegter Philanthropie-Projekte und deren tatsächlicher Relevanz im Kontext globalen Geoengineerings. Für Aufruhr sorgen die meisten davon nur, weil sie den anmaßenden Größenwahn ihrer Sponsoren und Advokaten reflektieren – und, weil sie die massiven Risiken für die jeweils betroffenen Menschen für einen kurzen Moment sichtbar machen. 

 

So verstößt speziell SAI in frappierender Art und Weise gegen die 2012 verabschiedete Biodiversitätskonvention, siehe COP10 Mandat, die verschiedene Formen des Geoengineerings untersagt. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte ein Verbund von 110 Bürgerrechtsorganisationen 2018 ein Dokument namens »Hands Off Mother Earth Manifesto«, das ein permanentes Verbot von Geoengineering forderte. Vielleicht hat sich die ehemalige Schweizer Bundesrätin Simonetta Sommaruga deshalb 2019 im Verbund mit neun anderen Ländern beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) für eine internationale Regulierung von Geoengineering ausgesprochen. Klar ist nur, dass der entsprechende Resolutionsentwurf aufgrund von Vetos aus den USA und Saudi Arabien abgelehnt wurde – obwohl selbst ein Bericht des US-Kongress vom Juni 2023 vor SAI und ähnlich weitreichenden Experimenten warnt. Genau wie der offene Brief von 500 Wissenschaftlern vom 17. Januar 2022 oder die wissenschaftlichen Berater der EU-Kommission, die im Dezember 2024 mittels eines offiziellen Reports nach Brüssel für ein »EU-weites Moratorium von Geoengineering« plädierten.

 

Gehör fanden all diese Bedenken nicht. Geoengineering-Projekte fanden und finden weltweit statt. So nahm beispielsweise am 8. Mai 2024 »Mammoth« seinen Dienst auf – der »weltweit größte Staubsauger«. Die Anlage ist zehn Mal größer als ihr Vorgänger Orca. Sie saugt Umgebungsluft an, filtert CO2 heraus und bindet es im Boden oder anderen Feststoffen. Unterhalten wird die auf Island stationierte Einrichtung von der 2009 gegründeten und in Zürich ansässigen Firma Climeworks. Auch Großbritannien finanziert Geoengineering-Projekte »von der Arktis bis zum Great Barrier Reef«. Siehe SPICE – »Stratospheric Particle Injection for Climate Engineering« – ein 2010 von den Universitäten Cambridge, Oxford, Bristol und Edinburgh lanciertes Vorhaben, das Machbarkeitsstudien im Bereich SRM durchführen und dafür Materialien wie Titan, Silikon, Aluminium und Zinkoxid in Augenschein nehmen soll. ARIA, die britische Advanced Research and Invention Agency, will in den kommenden Wochen ein Projekt zum Dimmen der Sonne starten, dem über die nächsten vier Jahre stolze 800 Millionen Pfund an Steuergeldern zur Verfügung stehen. Und in Israel steht die Firma Stardust in den Startlöchern, um ähnliche Vorhaben umzusetzen. Entsprechende Feldversuche laufen bereits. Analog zu Kalifornien, wo das Start-up Make Sunsets mit giftigem Schwefeldioxid beladene Ballons aufsteigen lässt, um sogenannte Cooling Credits zu verkaufen. Mexiko hat dem Unternehmen derartige Praktiken innerhalb der eigenen Landesgrenzen bereits untersagt. In den USA darf Make Sunsets aber weiter ungestört die Atemluft vergiften – obwohl sich Repräsentanten der amerikanischen Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) am 15. April 2025 für eine Anwendung des Clean Air Act aussprachen, um dem toxischen Spuk ein Ende setzen zu können.

 

Man darf gespannt sein, wie lange sie dafür benötigen. Denn die Green Economy boomt. Der Kohlenstoffmarkt wächst, die CO2-Besteuerung weitet sich aus und der Emissionshandel treibt wilde Blüten. Siehe Pressemitteilung des deutschen Bundestages zur Reform des Emissionshandels (TEHG) vom 31. Januar 2025. Bundesländer wie Schleswig-Holstein lancieren unterdes Absurditäten wie den »Klimathon«, bei dem die Bevölkerung mittels 2zero-App ihren CO2-Fußabdruck messen und vor allem reduzieren soll. Freiwillig natürlich. Um sich schon einmal auf den restriktiven Biofeudalismus von morgen einzugrooven.

 

Gleichzeitig wird bei der Analyse solcher Green-Economy-Projekte aber deutlich, dass die meisten nicht über das Versuchsstadium hinauskommen – denn sie sind weithin illegal, geographisch nicht skalierbar, kostenintensiv und müssen häufig aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung eingestellt werden. Beispiel: SCoPEx. Ein von Bill Gates finanziertes und von der narrativtreuen Harvard University im Juni 2021 in Schweden lanciertes SRM-Experiment, das bereits im März 2024 aufgrund von öffentlichem Widerstand unverrichteter Dinge beendet werden musste. Ähnlich erging es Vorhaben wie dem Silverlining Project – alias »Marine Cloud Brightening Project« (MCBP) – oder CAARE, das 2024 Salzkristalle über der Bucht von San Francisco verteilen wollte, um die Sonneneinstrahlung zu reduzieren, aber aufgrund gesundheitlicher Risiken von der Stadtverwaltung gestoppt wurde.

 

Auf Basis dieser Umstände darf man davon ausgehen, dass SRM und SAI im Rahmen solcher Projekte noch nicht im großen Rahmen stattfinden und entsprechende Experimente gegenwärtig eine eher untergeordnete Rolle spielen, wenn es um die Identifikation unmittelbarer Gefahren für uns und unsere Umwelt geht. Diese Projekte dienen als Testballons, zu Forschungszwecken, Marktentwicklung, Narrativvermarktung und Subventionsbetrug. Aber sie erzeugen keinen grenzüberschreitend karierten Himmel – und funktionieren selten wie versprochen. So plant Climeworks trotz seines »Mammoth« und 810 Millionen US-Dollar an Investorengeldern derzeit Massenentlassungen. Denn anstatt der kalkulierten 36.000 Tonnen pro Jahr konnte die Anlage in den ersten zwölf Monaten gerade einmal 105 Tonnen CO2 einfangen.

 

Dennoch gilt natürlich: Wer wissen will, gegen was wir in zehn Jahren kämpfen, muss sich nur anschauen, was wir heute finanzieren.

 

Vielleicht ist das aber auch völlig unerheblich. Denn das Primärziel der Green Economy war und ist die Tokenisierung natürlicher Ressourcen. Die Enteignung globaler Gemeinschaftsgüter. Es ist ein Raubzug der Finanzkartelle. Und das Richtfest des digitalen Panoptikums, aber (noch) kein Terraforming. Es geht um Kontrolle, nicht um Umweltschutz. Siehe CO2-Tracking und Individualmobilität.

 

Falsche Fragen, falsche Antworten

 

Die Streifen am Himmel gibt es aber trotzdem – und veranlassen immer mehr Menschen, Fragen in Bezug auf den Flugverkehr zu stellen. Entsprechend hohe Zuschauerzahlen verzeichnen Dokumentationen wie Overcast (Matthias Hanke, Schweiz, 2015) oder The Dimming (Dane Wigington, USA, 2021), die wichtigen Fragen nachgehen, aber keine definitiven Antworten liefern. Auch Webseiten wie Global Skywatch und Dane Wigingtons GeoEngineering Watch erfreuen sich regen Zulaufs. Zweitere nicht zuletzt deshalb, weil Robert F. Kennedy im Juni 2023 für ein Interview vorbeischaute – in dem er zwar irgendwie gegen Geoengineering wetterte, den Klimawandel aber trotzdem für ein riesiges Problem hielt. Ebenso gefragt sind Internetpräsenzen wie Zero Geoengineering oder Americans For A Clean Atmosphere, wo man sich auf überprüfbare Geschichte, Patentanmeldungen, offizielle Dokumente und legislative Entwicklungen konzentriert, die Geoengineering in gut 35 US-Bundesstaaten unter Strafe stellen sollen. In Florida (SB 56, HB 477) und Tennessee (SB2791, HB2063) wurden entsprechende Gesetze bereits verabschiedet. Das Problem: Solche Gesetze können nur dann strafbewehrt durchgesetzt werden, wenn die betreffenden Flugzeuge in diesen Bundesstaaten starten und landen. Das tun sie aber nicht. Ergo: Streifen gibt es immer noch.

 

Stellen all die Dokus, Webseiten und Aufklärungsportale vielleicht einfach die falschen Fragen? Ein Hinweis darauf findet sich auf einer Seite, die im Dickicht der mal mehr, mal weniger seriösen Aufklärungsportale hervorsticht: Geoengineering Monitor. Auf den ersten Blick eine Internetpräsenz mit gängigen Informationen zu Wettermodifikationstechniken.  Neben durchaus hilfreichen Übersichtskarten zu entsprechenden Projektstandorten und Erläuterungen zu Geoengineering-Methoden stellen die Betreiber beispielsweise auch die Daten eines 2018 publizierten Reports der World Meteorological Organization (WMO) zum Thema Geoengineering bereit. Die Autoren von Geoengineering Monitor positionieren sich klar gegen jegliche Manipulation der Erdatmosphäre und lehnen Geoengineering vollumfänglich ab. So weit, so gut. Schaut man jedoch etwas genauer hin, fällt zum einen auf, dass die Seite von der Heinrich Böll Stiftung unterstützt wird und sich zum anderen an mehreren Stellen vehement von »Klimawandel-Leugnern«, »rassistischen politischen Agenden« und »Chemtrail-Verschwörungstheoretikern« distanziert. Was man angesichts solch leitmedial geschwängerter Abgrenzungsphrasen vom Rest der Résistance-Anleihen auf der Webseite halten soll, darf jeder selbst entscheiden.

 

Chemtrails vs. Contrails

 

Die Formulierungen von Geoegineering Monitor sind jedoch insofern interessant, als dass der Begriff »Chemtrails« für Wissbegierige tatsächlich ein Problem darstellt. Denn er hat den gleichen Effekt wie das als Diffamierungsinstrument etablierte Wort »Verschwörungstheoretiker«, dessen sozialarchitektonischer Roll-out auf CIA-Dokument 1035-960 vom 4. Januar 1967 zurückzuführen ist und der Diskreditierung von Zweiflern in Sachen JFK-Narrativ dienen sollte. Meint: Wer von Chemtrails spricht, wird nicht ernstgenommen.

 

Und das nicht ganz zu Unrecht. Denn der Begriff ist hochgradig irreführend. Er impliziert, dass die dimmenden Streifen am Himmel durch das »Versprühen« von Chemikalien in der Troposphäre verursacht werden. Dass diese Chemikalien entweder von einer Flotte spezieller Flugzeuge verteilt oder den Triebwerksstrahlen von Linienmaschinen über gesonderte Tanks oder Auslassöffnungen beigemischt werden. Und alle drei Annahmen sind im Lichte der Indizien falsch.

 

Richtig ist, dass die Streifen am Himmel – korrekte Bezeichnung: Contrails – die sich zu artifiziellen Cirrus-Wolken entwickeln, vom regulären Flugverkehr, von ganz normalen Linienmaschinen verursacht werden. Von Kerosin, das nach der Verbrennung Ruß und im Verhältnis zur Betankung circa 0,05 Prozent Schwefeldioxide erzeugt. Diese Schwefeldioxidpartikel im Abgas fungieren als Kondensationskeime für die Entstehung von Wassertropfen, die in entsprechender Flughöhe zu Eispartikeln gefrieren und Kondensstreifen bilden, die wiederum als artifizielle Cirrus-Wolken den Himmel bedecken. Diese Wolken bestehen also im Kern aus Abgasen. Sie enthalten (Abbildung 4) unter anderem Aluminium, Barium, Blei, Nickel, Zinn und Strontium, sind gesundheitsschädlich, umweltschädlich und verursachen das vielbeschworene »Global Dimming«. Das stellte ein BBC-Beitrag schon am 17. September 2014 fest.

 

Im Februar 2023 habe ich auf Basis von Zahlen des Bejing Weather Modification Office dargelegt, dass es durchaus möglich wäre, die Troposphäre des gesamten Globus mit einer Flotte von 500 bis 750 Linienjets zu bearbeiten, um die Sonneneinstrahlung auf der Erde mittels Contrails permanent zu reduzieren – halten sich Partikel in dieser Höhe doch bis zu zwei Wochen. Für eine dauerhafte Reduktion der Sonneneinstrahlung mittels stratosphärischer Aerosolinjektion bräuchte man nach Berechnungen von David Keith, seines Zeichens Harvard-Physiker und Vorstand von Carbon Engineering Ltd., sogar nur 14 bis 133 modifizierte Flugzeuge, je nach Ladevolumen, die im Rhythmus von zwei Jahren aufsteigen, um ihre Fracht auszubringen – denn so lange halten sich Partikel weiter oben in der Stratosphäre. Der finanzielle Aufwand für beide Varianten wäre überschaubar. Genehmigungsverfahren und Akzeptanzschwellen allerdings nicht. Siehe SCoPEx und CAARE.

 

So verlagerte man sich in Kreisen klimabewegter Elfenbeinturmbewohner auf die Idee, den kommerziellen Luftverkehr zu nutzen, um Sulfataerosole in der Stratosphäre freisetzen zu können. Warum man aber auch diesen Ansatz nicht weiter verfolgte, erklärte der finnische Geoingenieur Ari Laaksonen am 30. April 2014 in einem Beitrag des COOL-Projekts der FICCA (Academy of Finland):

 

»Eine weitere untersuchte Technik war der Einsatz kommerzieller Passagierflugzeuge in großen Höhen, um Sulfataerosole aus Flugbenzin in die Stratosphäre zu injizieren. Dies würde einen Vulkanausbruch simulieren, bei dem Schwefelverbindungen in die Stratosphäre freigesetzt werden. Diese reflektieren die Sonnenstrahlung und wirken dadurch deutlich kühlend auf das Klima. (…) Im Hinblick auf effiziente Geoengineering-Strategien erwies sich diese Technik aber als unpraktikabel. Sie würde in Äquatornähe am besten funktionieren, doch dort herrscht wenig Flugverkehr – kommerzielle Flugrouten verlaufen weiter nördlich. Zudem können derzeitige Verkehrsflugzeuge nicht hoch genug in die Stratosphäre fliegen. Wir bräuchten neue Flugzeuge, deren Treibstoff große Mengen Schwefel enthält.«


Aus Sicht von Keith und Laaksonen, beziehungsweise deren Financiers, stellte sich also schon vor langer Zeit die Frage, warum man in modifizierte Flugzeuge investieren, komplizierte Genehmigungsverfahren durchlaufen, die Bevölkerung gegen sich aufbringen und die Stratosphäre nutzen sollte, wenn in der Troposphäre bereits genug und vor allem immer mehr Flugverkehr herrscht – dem lediglich der »passende« Treibstoff fehlt.

 

Im Prinzip logisch. In Anbetracht eklatanter Intransparenz und einem entsprechenden Wildwuchs an Theorien, reißerischen Chemtrails-Webseiten und undifferenzierten Aufklärungsbemühungen, die seriöser Aufklärung eher einen Bärendienst erweisen, aber nicht unbedingt die naheliegendste Schlussfolgerung für den uninformierten Fragesteller.

 

Dementsprechend konfus wirken leitmediale Erklärungsversuche, wenn es um Ursachen für die undurchsichtige Situation über unseren Köpfen geht. So schreibt die WELT am 18. März 2017, dass die neuen »Biokraftstoffe drastisch weniger Ruß und damit auch weniger Kondensstreifen verursachen als gewöhnliches Kerosin« – um den Lesern dann am 12. August 2024 mitzuteilen, dass »moderne Jets« immer effizienter und »höher fliegen und genau deshalb mehr Kondensstreifen erzeugen«.

 

Irgendwie verwirrend – aber im Kern näher an der Wahrheit als jeder Chemtrail-Apologet, der sich auf ein Sammelsurium unscharfer Bilder, anstatt überprüfbare Fakten beruft. Denn Triebwerkstechnologie, Kerosinzusammensetzung und atmosphärische Begebenheiten sind tatsächlich Schlüsselfaktoren, wenn man verstehen will, was am Himmel passiert und »Global Dimming« verursacht.

 

Mit »Biokraftstoffen« – den »Sustainable Aviation Fuels« (SAF) – hat das allerdings nichts zu tun. Denn auch wenn NASA und DARPA im Jahr 2009 eine Studie lancierten, um solche entwickeln zu lassen und in den Folgejahren Testflüge mit Biokraftstoffen durchführten, die den Schadstoffausstoß nach Angaben kanadischer Wissenschaftler um bis zu 50 Prozent senken konnten, beläuft sich der Markanteil von SAF in der kommerziellen Luftfahrt trotz wachsender Produktionskapazitäten gemäß Untersuchungen von RSP (Roundtable of Sustainable Biomaterials) und AFDC (Alternative Fuels Data Center) derzeit auf weniger als ein Prozent weltweit. Das liegt neben der eingeschränkten Verfügbarkeit vor allem an den im Vergleich höheren Preisen, die Airlines für SAF bezahlen sollen. An EU-Flughäfen müssen Treibstoffe ab 2030 trotzdem aus mindestens sechs Prozent SAF bestehen. Dass Biokraftstoffe für die zeitweise flächendeckend auftretenden Contrail-Cirrus-Wolken verantwortlich sind, ist demnach auszuschließen.

 

Die für den Status quo maßgeblichen Entwicklungen in puncto Kerosin begannen deutlich früher – wie dem »Single Fuel Concept« der NATO vom Oktober 1997 zu entnehmen ist. Das Dokument erklärt, dass die NATO-Mitgliedstaaten bereits 1986 vereinbarten, einen einheitlichen Flugzeugtreibstoff namens F-34 zu verwenden, der auf manchen NATO-Basen seit 1978 im Einsatz war und nun zwecks Interoperabilität bündnisweit die parallel verwendeten F-40 und F-54 Dieselkraftstoffe ersetzen sollte. Kraftstoffe, die unter dem NATO-Code F-34 laufen, werden auch als JP-8 bezeichnet – der Vorgänger, F-40, als JP-4. Das ist relevant, weil man JP-4 bis 1996 komplett auslaufen ließ und flächendeckend durch JP-8 ersetzte. Und, weil Varianten von JP8 – genannt F-24, Jet A, Jet A-1 oder JP-1A – heute Standardtreibstoff für die kommerzielle Luftfahrt sind. Bis auf ein paar einsatzspezifische Additive unterscheiden sich die kommerziellen Kerosine nicht vom NATO-Treibstoff JP-8.

 

Science nennt es in einem Beitrag vom 28. Juni 2019 »das dreckige Geheimnis der Luftfahrt«. Denn die durch das JP8-Kerosin begünstigten, künstlichen Cirrus-Wolken sind nicht nur giftige Abgase, sondern verändern auch das Klima. Allerdings nicht so, wie man sich das im Elfenbeinturm angesichts des von Guterres postulierten »Global Boiling« wünschen würde:

 

»Eine Studie aus dem Jahr 2011 legt nahe, dass der Nettoeffekt dieser Kondensstreifenwolken (Contrail Cirrus) mehr zur Erwärmung der Atmosphäre beiträgt als der gesamte CO2-Ausstoß, der seit Beginn der Luftfahrt von Flugzeugen verursacht wurde. Und es wird prognostiziert, dass sich diese Auswirkungen mit zunehmendem Flugverkehr und der daraus resultierenden Wolkenbedeckung noch verschärfen werden. Einige Schätzungen gehen davon aus, dass sich der globale Flugverkehr bis zum Jahr 2050 vervierfachen wird.«

 

»Unbeabsichtigtes Geoengineering«

 

Es macht also durchaus Sinn, wenn Sarah Zielinski am 16. Dezember 2015 beim Smithsonian Magazine schreibt, dass »Contrails von Flugzeugen versehentlich Geoengineering erzeugen könnten«, weil »der sich auflösende Dunst aus Flugzeugabgasen die Art und Weise verändert, wie Sonnenlicht die Erde erreicht und unbeabsichtigt unser Klima beeinflussen könnte«. Dabei bezog sich die Autorin auf Aussagen von Charles Long vom NOAA Earth System Laboratory beim Meeting der American Geophysical Union vom 15. Dezember 2015.

 

»Der Aufhellungstrend steht in engem Zusammenhang mit den kommerziellen Flugstunden der US-Luftfahrtbehörde FAA zwischen 1995 und 2007. Diese Flugzeuge stoßen sowohl Wasser als auch die Partikel aus, die zur Kristallisation des Höhenwassers zu Eis erforderlich sind. Darüber hinaus zeigt eine vorläufige Studie mit spektralen Sonnendaten eines Standorts in Oklahoma, dass der klare Himmel während der Untersuchungsjahre insgesamt einen Trend zum Weißen aufwies, ein Hinweis auf eine verstärkte Streuung«, so Long.

 

Professor Martin Wild vom Institut für Atmosphären- und Klimaforschung an der ETH Zürich sagte diesbezüglich: »Wir interessieren uns für die Verdunkelung und Aufhellung, weil diese Phänomene nicht nur die globale Erwärmung beeinflussen, sondern auch das Pflanzenwachstum, das Gletscherschmelzen, den Wasserkreislauf, die Solarenergie und vieles mehr«. Wild gab an, sich für »unbeabsichtigtes Geoengineering« zu interessieren, weil dieses Phänomen mit weitreichenden ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen in Verbindung zu bringen sei.

 

Neben der Luftfahrtindustrie sorgt auch die Hochseeschifffahrt für eine erhebliche Zunahme von artifiziellen Cirrus-Wolken – denn schon 16 Schiffe verursachen genauso viel Emissionen wie alle Autos weltweit zusammengenommen. Obendrein enthalten die Abgase von Supertankern und Ozeanriesen deutlich mehr Ruß und Schwefeldioxid, weil Schiffsmotoren jene dickflüssige Pampe verbrennen, die in Raffinerien nach dem Abpumpen der leichteren, hochwertigen Treibstoffe übrig bleibt: »Bunker Fuel«.

 

2023 kreuzten 106.700 solcher Schiffe auf unseren Meeren. Resultat: Täglich über 6650 mal so viele Abgase wie durch alle Autos weltweit. Trotzdem unterliegen solche Dreckschleudern kaum Emissionsschutzbestimmungen oder Obergrenzen, weil sie gemäß UN abseits nationaler Emissionsobergrenzen laufen. Und anstatt sich um eine drastische Eindämmung dieser schamlosen Umweltverschmutzung zu kümmern, geben ICS (International Chamber of Shipping) und IBIA (International Bunker Industry Association) per Pressemitteilung vom 20. November 2023 bekannt, nun an einem »Mechanismus zur Einhaltung der Energiepooling-Vorschriften« arbeiten zu wollen. Sprich, an einem Ablasshandelssystem, das dafür sorgt, dass alles beim Alten bleibt. Und das hat – wie so oft – System.

 

James Temple von der MIT Technology Review beschreibt diesen untragbaren Zustand in einem Artikel vom 22. Januar 2018 nämlich als glückliche Fügung und spricht bezüglich der drohenden Eindämmung von Schifffahrtsemissionen davon, dass man damit »ein zufälliges Experiment beende, das bei der Reduktion der globalen Erwärmung helfen könnte«. Ein Umweltschützer, der in seinem Wahn für Umweltverschmutzung plädiert. Grotesk. Zudem kann von Zufall nicht wirklich die Rede sein, wie ein Strategiepapier der AMEG (Arctic Methane Emergency Group) vom 4. Dezember 2012 belegt:

 

»Wir wissen jedoch, dass es eine Substanz gibt, die eine angemessene Kühlleistung erzeugen kann: Sulfataerosole in der Troposphäre, wie sie von Kohlekraftwerken und Schifffahrtstreibstoffen ausgestoßen werden. Diese Aerosole haben die durch CO2 verursachte Erwärmung im vergangenen Jahrhundert um rund 75 Prozent kompensiert. Initiativen und Vorschriften zur Eindämmung dieser Emissionen sollten vorübergehend ausgesetzt werden, solange diese in der nördlichen Hemisphäre einen erheblichen Kühleffekt haben (…). Den aktuellen Kühleffekt der derzeit emittierten Sulfataerosole in der Troposphäre in mittleren bis hohen nördlichen Breiten sollten wir versuchen aufrechtzuerhalten oder sogar zu verstärken. Beispielsweise sollte das Verbot von Bunkerfuel für Schiffe gelockert und gleichzeitig die weitere Nutzung von Bunkerfuel gefördert werden, wenn die daraus resultierenden Aerosolemissionen von Nutzen sein könnten. Die Reduzierung der Sulfataerosol-Verschmutzung wird bei vielen Umweltverbänden auf Ablehnung stoßen, dennoch muss die Abkühlung der Arktis Priorität haben.«

 

Ähnliches war von Ulrich Schumann, dem ehemaligen Direktor des Instituts für Physik der Atmosphäre am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu vernehmen. Beim »ICAO Colloquium on Aviation and Climate Change 2010«, einem Stelldichein internationaler Zivilluftfahrt, hielt er eine Präsentation, der sich auf Folie 18 entnehmen lässt:

 

»Die Klimaauswirkungen von Kondensstreifen aus dem Flugverkehr hängen von den Flugzeugeigenschaften (z. B. Rußemissionen) und der Streckenführung (Vermeidung von Cirrus bildenden Regionen) ab. Beide Aspekte bieten dem Flugverkehr das Potenzial, die Klimaauswirkungen des Flugverkehrs zu reduzieren (weniger Rußemissionen, weniger wärmende und mehr kühlende Kondensstreifen, die für die Betriebsplanung vorhersehbar sind).«

 

Sowohl von Seiten der Schifffahrtsindustrie als auch seitens der Zivilluftfahrt wird also offen eingeräumt, dass man Emissionen nutzen möchte, um den »anthropogenen Klimawandel« zu bekämpfen. In der Luftfahrt vor allem dadurch, dass man »weniger wärmende und mehr kühlende Kondensstreifen« erzeugt. Das bedeutet, dass Kondensstreifen tagsüber erwünscht sind, weil sie die Sonne blockieren – nachts jedoch nicht, weil sie wie eine Decke wirken und die am Tag aufgestaute Erdwärme nicht in die Atmosphäre entlassen.

 

Was aus Ulrich Schumanns Forderung nach »vorhersehbaren Kondensstreifen für die Betriebsplanung« der Zivilluftfahrt seit seiner Präsentation im Jahr 2010 geworden ist, verdeutlicht die Webseite Contrails.org, wo filterbare Übersichtskarten die Bildung wärmender und kühlender Contrails anhand des Flugverkehrs visualisieren – inklusive Details wie Flugzeugtyp und Flugnummer.

 

Betrieben wird Contrails.org von Breakthrough Energy, einer 2015 von Bill Gates mit zwei Milliarden US-Dollar Startfinanzierung gegründeten Dachorganisation, die auch so illustre Persönlichkeiten wie Jeff Bezos, Mark Zuckerberg, Richard Branson, George Soros, Jack Ma oder Michael Bloomberg zu ihren Mitgliedern zählt. Über ein Projekt namens Verdox – Slogan: »Electric carbon removal for a Net-Zero future« – ist auch Elon Musk an Breakthrough Energy beteiligt, nachdem seine XPRIZE Foundation im April 2022 eine Million US-Dollar an Verdox ausschüttete. Weitere Partner von Breakthrough Energy sind neben der NASA, dem DLR oder dem MIT auch Google, Airbus, Meteo France oder die kanadische Regierung.

 

Als Chefwissenschaftler für Breakthrough Energy engagierte Bill Gates einen der umtriebigsten, ja fanatischsten Geoingenieure der Welt: Ken Caldeira. Der will nach eigener Aussage nicht nur den Planeten dimmen, Wetter als Waffe nutzen und Wolken mit Krankheitserregern anreichern, um zum Beispiel Russland zu attackieren, sondern zeichnet auch für die Mehrheit »wissenschaftlicher« Schriften zu diesem Themenkomplex verantwortlich. Reuters nannte ihn in einer Lobeshymne vom 22. April 2021 »Bill Gates’ Klimaberater«. Von der Breakthrough Energy Webseite wurde sein Profil aber dennoch gelöscht. Vielleicht hielt man einige seiner Aussagen dann doch für allzu radikal. Liest man aber den von Gates höchstselbstverfassten und am 13. September 2023 publizierten Artikel »Warum ich Breakthrough Energy gegründet habe«, stößt man neben Caldeira auch wieder auf David Keith – den Mann, der schon 2012 für Gates berechnete, dass 14 Flugzeuge genügen, um den gesamten Globus mittels stratosphärischer Aerosolinjektion zu dimmen. Ein Trio Infernale.

 

»Ich habe früher bei Lawrence Livermore National Laboratory  gearbeitet und habe einmal an einem Meeting teilgenommen, bei dem wir alle im Raum saßen und darüber nachdachten, wie wir geophysikalische Systeme manipulieren könnten, um sie als Waffe einzusetzen. Das Meeting drehte sich um die Militarisierung geophysikalischer Interventionen – also die Frage, ob wir irgendwie in die Funktionsweise der Erde eingreifen können, um sie als militärische Waffe einzusetzen. Könnten wir das Klima verändern? Was könnten wir tun, um die physikalischen Systeme der Erde zu manipulieren (…)? Können wir vielleicht Wasserstoffbomben unter Wasser vor einer Küste zünden und eine Flutwelle erzeugen, die über eine Stadt hinwegfegt? (…) Man könnte sich vorstellen, sagen wir, Krankheitserreger in eine Wolke zu packen und die Wolke dann irgendwo auf den Feind herabregnen zu lassen und so einen chemischen oder biologischen Krieg zu führen. Das könnte gegen etwas funktionieren, das so groß wäre wie die ehemalige Sowjetunion (…).« (Ken Caldeira)

 

Analysiert man die Netzwerke der drei Herren, wird deutlich, welchen Umfang die widersinnige Geoengineering-Philanthropie zwischenzeitlich angenommen hat. Eine Tabelle der Harvard University vom August 2019 zeigt, welche Institutionen und Organisationen sich finanziell an entsprechenden Projekten beteiligen – NSF, Europäische Kommission, NASA, FICER sowie EPSRC, NERC und DECC bilden die Speerspitze.

 

Übersichtlich dargestellt hat diese Netzwerke James Franklin Lee, der mit Weather Modification History und Climate Viewer wohl die beiden seriösesten und aufschlussreichsten Internetpräsenzen zum Thema Geoengineering unterhält (Abbildungen 1-3). Lee, der seit gut zwei Dekaden auf diesem Gebiet forscht und seine Ergebnisse unlängst in einem vom Schweizer Verein WIR organisierten Panel zum Thema Geoengineering vorstellte, sieht in Contrails.org einen klaren Beleg dafür, dass Solar Radiation Management nicht im Geheimen und von einer Flotte spezieller Flugzeuge, sondern von einer zu diesem Zweck korrumpierten Luft- und Schifffahrtsindustrie durchgeführt wird. Und in Anbetracht der vorgängig angeführten Informationen ist diese These stichhaltiger als jeder andere Erklärungsversuch.

 

Auch auf der Zeitachse korrelieren die gehäuften Beobachtungen von Contrails und artifiziellen Cirrus-Wolken mit der Veränderung der Kerosinzusammensetzung in den 90ern und den seit Jahrzehnten steigenden Fluggastzahlen – die sich allein im Zeitraum von 1990 bis 2019 vervierfachten. Die Troposphäre ist permanent voller Flugzeuge. Fanden 1970 noch circa 310 Millionen Linienflüge pro Jahr statt, waren es Ende 2019 knapp 4,5 Milliarden. Wer in Anbetracht dieser Zahlen noch einen blauen Himmel erwartet, muss auch annehmen, man könne in Delhi, Lahore oder Chengdu raus gehen, um frische Luft zu schnappen.

 

Und wer ungeachtet der Indizienlage dennoch glauben möchte, unterbrochene Kondensstreifen, Tage und Regionen ohne Streifen am Himmel, Fotos von ASM-Flugzeugen, fragwürdige Whistleblower oder Heimvideos seien ein Beleg dafür, dass wir in der Troposphäre von geheimen Geoengineering-Flotten mit Chemikalien »besprüht« werden – wer sich einzig darauf beruft, was optische Eindrücke ihm vermitteln – sollte gegebenenfalls die Artikel von Contrail Science konsultieren und sich mit Flugzeug- und Turbinentypen, Meteorologie, Physik und Foto-Optik beschäftigen. Denn »ein Bild ist ein Geheimnis über ein Geheimnis. Je mehr es dir sagt, desto weniger weißt du« (Diane Arbus).

 

In Anbetracht der vorliegenden Recherche sollte darüber hinaus auch festgehalten werden, dass die vier Schweizer Behörden, die ich am 9. Juli 2024 via Presseanfrage kontaktierte, um in Erfahrung zu bringen, ob sie Geoegineering-Aktivitäten wie SAI im Schweizer Luftraum ausschließen können – namentlich Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) und Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) – mutmaßlich korrekt Auskunft gaben, als sie das entschieden bejahten. Linienflüge sind nun mal kein SRM-Projekt. Und wenn Autos in Metropolen Dunstglocken aus Smog erzeugen, sprechen wir auch nicht davon, dass sie uns »besprühen«.

 

Auch meine Frage, ob die genannten Behörden die von der ehemaligen Bundesrätin Simonetta Sommaruga vorgebrachte UN-Resolution zur Regulierung von Geoengineering von 2019 weiterhin unterstützen, beantworteten diese positiv. Das Thema sollte demzufolge wieder zu einem Teil des hiesigen politischen Diskurses werden.

 

Darüber hinaus stellten die Behörden Dokumente zu Treibstoffverbrauch und Schadstoffemissionen sowie Treibstoffablass (Fuel-Dumping) in der Zivilluftfahrt zur Verfügung. Bezüglich meiner Fragen nach der Luftqualität verwies man auf den Jahresbericht 2023 des Nationalen Beobachtungsnetzes für Fremdstoffe (NABEL) und eine Vielzahl externer, vom BAFU zur Verfügung gestellter Studien zum Thema Luftreinheit. Diese Daten gälte es allerdings mittels Gegenprobe zu verifizieren.

 

Auf die Anfrage eines weiteren Auskunftssuchenden antwortete BAFU-Direktorin Katrin Schneeberger am 8. Juli 2024 (Abbildung 5), dass die Schweiz zwar »Projekte für Negativemissionstechnologien (NET) verfolgt«, gegenüber SRM aber sowohl in der Schweiz als auch international große Bedenken bestehen und SRM in der Schweiz ohnehin »gegen das Naturschutzgesetz« verstößt. Daneben wies Schneeberger auf das »de-facto Moratorium« für SRM im Rahmen der UN-Biodiversitätskonvention hin und versicherte, dass die Schweiz sich international für eine verstärkte Kontrolle von SRM einsetzen werde.

 

Conclusio

 

Ja, es gibt eine unüberschaubare Anzahl von Geoengineering-Projekten, Horden von Green-Economy-Aposteln und ein gigantisches Netzwerk von Philanthropen, Regierungen, Universitäten, Stiftungen, Unternehmen und NGOs, die extreme Formen von Terraforming betreiben wollen und entsprechende Methoden bereits testen – und auch das Militär ist fraglos seit über einem halben Jahrhundert in der Lage, Wetter als Waffe einzusetzen – aber weder das eine noch das andere ist für die Streifen am Himmel verantwortlich. Diese Streifen, diese aus toxischen Abgasen bestehenden Cirrus-Wolken, die in zunehmendem Maße die Sonne verdunkeln, sind aber unser drängendstes Problem. Denn sie vergiften uns, unsere Umwelt und unsere Zukunft. »Versehentlich«. Jeden Tag.

 

Schlussfolgernd ist daher zu konstatieren, dass Fanatiker wie Ken Caldeira, David Keith und Co. daran gehindert werden müssen, ihre verblendeten Visionen umsetzen zu dürfen – sonst werden die forschenden Handlanger der Herrschaftskaste in ein paar Jahren die Stratosphäre mit ihren lebensfeindlichen Experimenten malträtieren. Darüber hinaus müssen sowohl Luft- und Schifffahrtsindustrie als auch Treibstoffhersteller dazu gebracht werden, den Schadstoffausstoß des jeweiligen Linien- und Cargo-Verkehrs so weit als möglich zu reduzieren. Denn JP-8 sorgt für eine deutliche höhere Belastung mit Aluminium, Barium, Sulfur, Zinn, Titanium und Strontium als vormals JP-4 (Abbildung 4).

 

Und zu guter Letzt müssen wir uns als Spezies entscheiden, was uns wichtiger ist: Der Flug von Frankfurt nach München und ein Shopping-Trip nach London für 14,99 Euro – oder ein blauer Himmel und Luft, die man zu Recht als »frisch« bezeichnen kann. Denn im Kern vergiften wir uns selbst. Durch unseren Lebensstil.

 

Ob Jetset oder Billigflieger: Destination Dystopia.








Bild: ESSA WORLD, U.S. Department of Commerce (April 1969)



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