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Ab heute im Handel: wortsport und schrift-verkehr

Für mich - Dank Dir. Anmerkungen, Informationen und Links zu meinem heute erscheinenden Buch


Tom-Oliver Regenauer | 26.02.2021 | Lesezeit: ~ 6 Minuten


Es ist ein erhebendes und erleichterndes Gefühl: Mein aktuelles, literarisches Projekt ist endlich im Buchhandel erhältlich. Im Sommer 2020 hatte ich aufgrund der Reduktion von Reiseaktivitäten unversehens die Zeit, dieses sehr persönliche Projekt umzusetzen. Den Plan dafür hatte ich schon viele Jahre mit mir herumgetragen.


Als Gründungsmitglied und Produzent der »Sound Survivors«, der Band, von der das Buch handelt, fand ich es schon immer bedauerlich, dass die große Anzahl herausragender Texte nur der Hörerschaft unserer Musik zur Verfügung stand – denn diese war begrenzt. Wir hatten nie den Anspruch oder das Ziel, mit unserer Musik kommerziell erfolgreich zu sein. Gängige Songstrukturen und flache, anbiedernde Inhalte waren uns zuwider. Daher blieben unsere Tapes, Schallplatten und CDs ein Untergrund-Phänomen. Es war Rap für Rapper; und selbst der Hip-Hop-Szene waren unsere lyrischen Ansätze manchmal zu verkopft und philosophisch.


Daher war ich schon immer der Auffassung, dass man diese Art von Poesie oder Pop-Lyrik, denn nichts anderes sind gute Rap-Texte, in einer anderen Form und für ein breiteres Publikum zugänglich machen sollte. Unabhängig vom Musikgeschmack. So entstand bereits 2012 die Idee, die weit über 100 Songtexte neu aufzuarbeiten und als Fließtext mit Interpunktion in Buchform zu veröffentlichen – als Lyriksammlung.


Zunächst wollte ich die Songtexte für sich sprechen lassen, ohne weitere Erläuterungen oder ein Vorwort. Schlussendlich hielt ich es aber doch für nötig, dem poetischen Werk einige Informationen voranzustellen – einfach um sicherzugehen, dass die Lyrik auch für Leser zu erschließen ist, die noch nie mit der Hip-Hop-Kultur in Berührung kamen. Ohne jegliche Vorkenntnisse entstünden sonst eventuell Fehlinterpretationen und Missverständnisse, denen ich mit der nun etwa 120 Seiten umfassenden »Einleitung« vorbeugen wollte.


Zudem war es mir wichtig, die kreativen Prozesse, die Einflüsse und Beweggründe, die Charaktere sowie die Entwicklung der Band im Verlauf ihres 15-jährigen Bestehens wenigstens fragmentarisch zu beleuchten. Ich denke, dass dies signifikant dazu beiträgt, die entstandene Poesie besser einzuordnen. Zudem erwuchs aus unserer gemeinsamen Vergangenheit eine spannende, turbulente und ereignisreiche Geschichte, die ich während der Arbeit an diesem Projekt nochmals Revue passieren lassen konnte.


Beim Schreiben habe ich mir gewisse, künstlerische Freiheiten eingeräumt, zum Beispiel in Bezug auf die Zeichensetzung oder was die Anwendung der verschiedenen Rechtschreibreformen betrifft. Grundsätzlich folgt das Buch den gängigen Normierungen. An gewissen Stellen bin ich jedoch meinem subjektiven Empfinden hinsichtlich des Leseflusses und persönlichen, ästhetischen Gesichtspunkten gefolgt, anstatt den offiziellen Regelungen. In der Dichtung ist dies gang und gäbe. Daher sah ich keinen driftigen Grund, mir nicht auch im übrigen Teil des Buches entsprechenden, kreativen Spielraum im Umgang mit dem Instrument Sprache zu gewähren.


Das Buch bleibt in Teilen natürlich an der Oberfläche und schneidet Themen eher an, als diese in der Tiefe zu analysieren. Ich hatte weder den Anspruch, ein wissenschaftliches Sachbuch über die Hip-Hop-Kultur zu schreiben, noch den Plan, eine lückenlose Geschichte der Band und ihrer Mitglieder zu liefern. Dies hätte deutlich mehr als 344 Seiten bedurft. Für mich stand die erschaffene Lyrik im Vordergrund – und die nimmt bereits knapp 200 Seiten ein. Aus diesem Grund habe ich zum Beispiel auf Quellenangaben verzichtet und eine gewisse Unschärfe hinsichtlich aktueller Ereignisse in Kauf genommen, welche im Buch thematisiert werden.


Im Besonderen trifft dies auf die dramatischen, sozioökonomischen Entwicklungen der vergangenen zwölf Monate zu, die ich im Buch versucht habe, aus Sicht der Band zu kommentieren. Deutlich wird dies am Beispiel der Corona-Pandemie. Als ich das Manuskript fertiggestellt hatte, war die Letalität von COVID-19 statistisch häufig mit ca. 1% kommuniziert worden. Im Verlauf der folgenden Monate stellte sich aber heraus, dass diese mit zuletzt 0,23% tatsächlich deutlich niedriger war. Derartige Entwicklungen konnte ich vor dem finalen Lektorat nur noch bedingt adressieren und inhaltlich anpassen. Daher möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass sich solche Angaben in der Mehrzahl auf den Zeitraum Sommer bis Spätsommer 2020 beziehen und nicht den letzten Stand der Erkenntnisse darstellen können. Es ist nun mal ein Buch, keine Tageszeitung.


Und ja, das Werk ist subjektiv, offensiv, teils subversiv, provozierend und wertend. Denn Kunst darf das. Sie muss es sogar, wenn sie uns den Spiegel vorhalten soll. Kunst absorbiert die Auswüchse, Abarten und Untaten der Gesellschaft, um sie abstrahiert und ergebnisoffen wieder auszuspucken. Was der Rezipient daraus macht, geht sie nichts mehr an. Der Künstler übergibt sein Werk der Gegenwart – und verlässt den Moment in Richtung Zukunft. Das gilt für jeden Text, jedes Bild, jeden Song und jeden Film.


Heute erlebe ich diesen Moment wieder einmal. Das Buch gehört nun nicht mehr mir allein, sondern ist in den Besitz der Allgemeinheit übergegangen. Insgesamt bin ich zufrieden mit dem Ergebnis und hoffe, dass es vielen Menschen Freude bereitet. Ich bin überzeugt, die einzigartigen, poetischen Kreationen der »Sound Survivors« werden die Zeit überdauern. Sie haben das Potential zum Nachdenken anzuregen. Sie stiften Unruhe, provozieren und animieren. Sie können inspirieren und dazu ermutigen, sich selbst zu verwirklichen – egal wie widrig die Umstände sein mögen.


Als Band hatten wir immer das Ziel, etwas Zeitloses zu erschaffen. Ein Werk, das Menschen aller Altersgruppen, Glaubensrichtungen und Ethnien ansprechen und verbinden kann. Ich denke, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass wir dieses Ziel erreicht haben.


Viele der Texte passen besser in die heutige Zeit, als wir es uns zu träumen gewagt hätten. Songs wie »Weltkrieg V3.0«, »Blinded People«, » Children« oder »Free« thematisierten bereits vor über einer Dekade die drohenden Finanzkrisen, heraufziehende, internationale Konflikte, soziale Verwerfungen, technologisch disruptive Innovationen und potenzielle Pandemien. Im Rückblick wirkt manche Zeile fast prophetisch. Auch wenn wir es vorziehen würden, die eine oder andere Vorhersage hätte sich nicht bewahrheitet.


Am Ende obliegt es jetzt dem Publikum, das Werk zu deuten und zu interpretieren. Das macht doch gerade den Reiz an Kunst aus, dass sie dem Leser, Hörer oder Betrachter den Raum gibt, seine eigene Geschichte in ihrer Gegenwart neu zu erfahren, um seine individuellen Emotionen mit dem Werk in Beziehung zu setzen.


Ich würde mir wünschen, dass mein kleines Buch-Projekt dies leisten kann, auch wenn es sicher nicht perfekt ist – denn das ist Kunst nie. Man lässt nur irgendwann los und beginnt etwas Neues. 



Bestellung:


Ich würde mich freuen, wenn das Buch nicht primär online und als eBook, sondern als gedrucktes Exemplar über den stationären Buchhandel bezogen wird. So lange dieser aufgrund der Corona-Maßnahmen geschlossen bleibt, ist die Publikation unter anderem bei den folgenden Anbietern erhältlich:


  • Hugendubel (>)
  • Thalia (>)
  • Books on Demand (>)
  • Buchhaus (>)
  • Lehmanns (>)
  • Weltbild (>)
  • Google Books (>)
  • Amazon (>)


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